Die Schuldenbremse ist eine komplette Vollbremse!

Die SP Aarau hat sich vertieft mit der Vorlage der Schuldenbremse befasst und ihre Bedenken im Vernehmlassungsverfahren eingebracht. Eines vorab, die SP Aarau steht dem Anliegen sehr kritisch gegenüber, dies aus den folgenden Gründen:

Aarau als Versuchskaninchen: Die Vorlage macht keine Aussage darüber, ob es Gemeinden ähnlicher Grösse gibt, bei denen eine Schuldenbremse eingeführt und über mehrere, auch finanziell schlechtere, Jahre erprobt und erfolgreich geführt wurde. Es fehlt somit an Erfahrungswerten. Wir wollen nicht, dass Aarau hier als Versuchskaninchen dient.
Kompetenzbeschneidung: Die vorgeschlagene Schuldenbremse wird die Kompetenz des Einwohnerrates zur Budgetgestaltung, und auch die Kompetenz der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger massiv einschränken. Wir finden das jetzige System mit jährlicher Budgetdiskussion und Konsens ein gutes System – es hat sich bewährt. Zudem liegt es in der Kompetenz des Einwohnerrates den Steuerfuss festzulegen – und zwar unter Einbezug des Budgets, d.h. der anstehenden Investitionen und der laufenden Rechnung. Die Festsetzung des Steuerfusses hat nichts in einer Schuldenbremse zu suchen!
Rigides Regelwerk: Was hier vorgeschlagen wird ist keine Strategie, sondern ein rigides Regelwerk. Jedwede Aktion, die zu einer Verschiebung innerhalb des Zieldreiecks führen würde, kann als Regelverstoss gedeutet und blockiert werden. Die vorgeschlagene Ausnahmeregelung ist unzureichend und wird zu unnötigen politischen Geplänkeln über wichtige anstehende Investitionen führen. Dieser Vorschlag ist keine Schuldenbremse, sondern eine Vollbremse.
Defizite für spätere Generationen: Die Wahl der 5 Mio. als «Startkapital» für den Schwankungstopf ist willkürlich und die Wirkung als Ausgleichsmechanismus wird weit verfehlt. Ein in schwierigeren Jahren «erwirtschaftetes» Defizit wird auf Ewigkeiten mitgetragen und späteren Generationen weitervererbt – hier hat zum Beispiel der Kanton Zürich ein Betrachtungsfenster von 8 Jahren, d.h. nach 4 Jahren ist ein schlechtes Jahr «vergessen». Dieses Problem wird weiter verstärkt, durch das Fehlen einer guten Regelung zur Wiederauffüllung des Schwankungstopf – es wird davon ausgegangen, dass es sehr gute Jahre geben wird, die den Topf wieder füllen. Da aber auch in Zukunft davon ausgegangen werden muss, dass die Stadt ausgeglichene Budget machen wird, kann nicht mit grossen Überschüssen zur Wiederauffüllung des Schwankungstopf gerechnet werden.
Unzureichende Simulation: Seit 2008 glauben wir nicht mehr an Simulationen im Finanzbereich – vor allem, wenn sie wie hier auf einem viel zu kurzen und zu positiven Szenario beruhen. Wir erwarten, dass die Schuldenbremse vor allem in schlechteren Jahren, oder Jahren mit grossen Investitionen, fehlschlagen wird – die Simulation deckt solche Worst-Case Szenarien nicht ab: Schwankungstopf ist leer, gute Steuerzahler wandern ab, grosse Investitionen stehen an, etc.
Nicht Ergebnisoffen: Wir sind über die Reife der vorgeschlagenen Vorlage erstaunt, waren wir doch der Auffassung, die Schuldenbremse würde verstärkt ergebnisoffen geprüft – unter Anbetracht, dass auch das Budget 2019 bereits das Regelwerk der hier vorgeschlagenen Schuldenbremse beinhaltet hat, ist die Ergebnisoffenheit sicherlich nicht gegeben.

Fazit: Schon heute sehen wir grosse Probleme und Spannungen mit der Schuldenbremse und anstehenden Projekten – zum Beispiel mit dem Zukunftsraum-Projekt. Wir finden, dass wir uns nicht in ein Regelkorset zwängen dürfen, das uns zwingen wird, Schulden Jahr für Jahr mitschleppen zu müssen, während wichtige Investitionen zum politischen Spielball werden.
Die SP Fraktion wird die überarbeitete Vorlage genau prüfen und ihre Anliegen im Einwohnerrat einbringen.